Dominik Hochenegger,
ist beim Landesfeuerwehrverband Tirol bzw. der Landesfeuerwehrschule Tirol unter anderem zuständig für die Ausbildung zu Technik und Verkehrsunfällen.
Mit der Elektromobilität beschäftigt er sich bereits seit 2012, als er noch für einen großen deutschen Automobilhersteller tätig war. Seine über die Jahre gewonnene Expertise beim Umgang mit alternativen Antriebstechnologien lässt er in die 2018 gestartete Ausbildungsoffensive für die Tiroler Feuerwehren und in unterschiedlichen österreichischen Gremien miteinfließen.
Dominik Hochenegger: Hier reicht ein Blick auf die Statistiken, die eigentlich recht eindeutig aufzeigen, dass herkömmliche Fahrzeuge häufiger brennen als E-Autos. Man kann auch relativ schnell und einfach erklären warum das so ist: Diesel und Benzin sind leicht brennbare Kraftstoffe, ein Auspuff wird mit 600 °C sehr heiß und damit ist das Gefahrenpotential eines Brandausbruches weitaus höher als beim E-Auto.
Die Brandlast eines E-Autos ist vergleichbar mit jener eines brennenden Diesel- oder Benzinautos. Brennt nur der Motorraum, gibt es überhaupt keinen Unterschied in der Brandbekämpfung. Ist der Akku betroffen, steigt der Aufwand für die Feuerwehr, da dieser entsprechend gekühlt werden muss.
Nein. Genauso wie ein Kraftstofftank nicht immer von einem Brand betroffen ist. Bei beiden ist durch strenge Normen und Qualitätsrichtlinien genau definiert wie die Schutzleistung auszusehen hat – so ein Tank muss genauso wie ein Akku, bezüglich thermischer Beaufschlagung und Crashsicherheit, ganz schön was aushalten können.
Dann bekommt man das eigentlich in den Griff. Grundsätzlich gibt es drei Arten von Problemen bei einem Akku in einem E-Auto: Thermischer Stress – der Akku wird heiß, Elektrischer Stress – der Akku wird über- oder unterladen, das Spannungsverhältnis stimmt nicht, Mechanischer Stress – dieser kann durch einen schweren Unfall/Aufprall entstehen.
Im Fall eines Brands machen die Einsatzkräfte erstmal bei jedem Fahrzeug unabhängig von der Antriebstechnologie dasselbe - löschen. Oft weiß man im ersten Moment ja auch gar nicht was für ein Fahrzeug brennt und geht grundsätzlich davon aus, dass es sich um ein Fahrzeug mit Alternativantrieb handeln könnte – wozu im Übrigen auch Erdgas oder Wasserstoff zählen – solange, bis das Gegenteil bewiesen ist. Zuerst gilt es also jedenfalls die Flammen zu löschen und wenn es sich um ein E-Auto handelt, muss dann zusätzlich der Akku gekühlt werden. Hierzu bedarf es einfach der richtigen Planung, etwas mehr Zeit und Löschwasser.
Ein standardmäßiges Tanklöschfahrzeug in Tirol fasst 2000 Liter Wasser. Das reicht sehr wohl aus, um ein brennendes Fahrzeug zu löschen. Wozu es potenziell nicht reichen könnte, ist den Akku über einen längeren Zeitraum intensiv zu kühlen, dafür kann die Feuerwehr aber einfach auf Hydranten, Wasser aus einem Bach, weitere Löschfahrzeuge o.Ä. zugreifen. Was bei einem Auto brennt: Vor allem Kabel, Kunststoffe, Betriebsflüssigkeiten, Reifen usw. – das ist bei jedem Fahrzeug so.
Das Fluten eines E-Autos ist immer die absolute Notlösung. Zuerst wird jedenfalls versucht den Akku mit konventionellen Mitteln der Feuerwehr zu kühlen. Mit einer Wärmebildkamera kann überprüft werden, ob der Akku eine Wärmeentwicklung aufweist. Zudem gibt es von den meisten Herstellern 24-Stunden-Hotlines, mit denen man sich über die weitere Vorgehensweise absprechen kann. Nach dem Fluten erleidet das Auto vermutlich einen Totalschaden und das ist dann auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit.
Jedes Elektrofahrzeug das brennt schafft es in die Zeitung, ein brennendes Fahrzeug mit Verbrennungsmotor hingegen erregt relativ wenig Aufmerksamkeit. Die subjektive Wahrnehmung ist dadurch natürlich verzerrt.
Benzin ist eine hoch brennbare Flüssigkeit, hat eine geringe Zündtemperatur und ist damit absolut kein sicheres Medium. Wir kennen es einfach schon seit ca. 100 Jahren und sehen es als normal an. Vor unbekannten Dingen hat man hingegen eher Angst.
Ich nenne das Phänomen gerne Hyperventilationskurve: wenn etwas neu ist kennt sich erst mal keiner aus, dann sind alle in Sorge und hellster Aufregung, dann passiert lange nichts und irgendwann flacht das ab. Ich bin relativ sicher, dass dieses Gespräch in 5 Jahren nicht mehr nötig sein wird.
Ja, eine Sache hält sich da besonders hartnäckig, ich kann aber auch hier beruhigen: Man kann von einem (verunfallten) E-Auto keinen Stromschlag bekommen, das ist technisch so gut wie ausgeschlossen. Man kann das Auto berühren, ein- und aussteigen sowie löschen ohne sich Sorgen machen zu müssen. Hier greifen gesetzliche Vorschriften, ohne die ein Auto gar keine Typ-Zulassung in der EU bekäme, sowie physikalische Gegebenheiten. Was man nicht tun sollte, aber wahrscheinlich auch nie tun muss: Orange Hochvolt-Kabel anfassen.
Holger Heinfellner: Das Umweltbundesamt erstellt in regelmäßigen Abständen Lebenszyklusanalysen, um die ökologischen Auswirkungen von unterschiedlichen Fahrzeugantrieben zu vergleichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Elektroautos (Battery Electric Vehicle, BEV) in der Ökobilanz in allen Kategorien die Nase vorn haben, vor allem wenn der Strom aus erneuerbaren Energieträgern stammt. Im Vergleich zu einem rein fossil angetriebenen Pkw verursachen BEV, inklusive Akkuherstellung, je nach Fahrzeugsegmentzwischen 67 % (Oberklasse) und 79 % (Kleinwagen) weniger Treibhausgas-Emissionen. Dabei kommt es vor allem auf die Größe an: So lassen sich die Emissionen eines Oberklassefahrzeuges annähernd halbieren, wenn stattdessen ein Kleinwagen mit weniger Fahrzeuggewicht und einem kleineren Akku eingesetzt wird. Zudem punkten BEV im Vergleich zu anderen Antriebstechnologien mit der höchsten Energieeffizienz und haben damit einen klaren Klimavorteil. Details zur Studie: www.umweltbundesamt.at/studien-reports
Damit man die Klimarelevanz unterschiedlicher Antriebstechnologien vergleichen und beurteilen kann, muss man die Treibhausgaseffekte gesamthaft, also inklusive der vor- und nachgelagerten (bzw. indirekten) Emissionen, betrachten. Bei einer Ökobilanz oder Lebenszyklusanalyse haben wir daher nicht nur die Klimaverträglichkeit von (alternativen) Antriebsformen im österreichischen Verkehrssektor als Folge der direkten Emissionen aus dem Fahrbetrieb vor Ort analysiert, sondern auch die vor- und nachgelagerten Emissionen in den Sektoren Energie und Industrie im In- und Ausland. Denn vor- und nachgelagerte Emissionen entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Abbau der Rohstoffe über die Fertigung und Montage des Fahrzeuges bis hin zur Entsorgung bzw. dem Recycling der einzelnen Fahrzeugkomponenten. Während beispielsweise bei konventionellen Verbrennungsmotoren der Großteil der Emissionen im Fahrbetrieb entsteht, ist bei batterieelektrischen Fahrzeugen die Herstellung des Akkus von zentraler Bedeutung.
Wasserstoffautos und flüssige synthetische Kraftstoffe (sogenannte e-Fuels) schneiden beim Vergleich der Treibhausgas-Emissionen ähnlich gut ab wie Elektroautos, wenn der Wasserstoff ausschließlich mit erneuerbarer Energie erzeugt wird und auch für die Produktion von e-Fuels über die gesamte Herstellungskette nur Strom aus erneuerbaren Energiequellen zum Einsatz kommt. Bei e-Fuels muss aber das für die Herstellung erforderliche CO2 der Atmosphäre entnommen worden sein. Zudem sind beide Antriebsarten bei weitem nicht so energieeffizient wie batterieelektrische Fahrzeuge. So muss für dieselbe Fahrtstrecke mit einem Wasserstoffauto die doppelte Energiemenge, bei e-Fuels sogar neun bis zwölf Mal mehr Energie eingesetzt werden, als bei BEV. Durch diesen hohen Energiebedarf sind Wasserstoffautos und e-Fuels im Vergleich der Ökobilanzen klar im Nachteil, vor allem vor dem Hintergrund, dass erneuerbare Energie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch kostbarer werden wird. E-Fuels werden daher langfristig nur dort Anwendung finden, wo energieeffizientere Technologien wie batterieelektrische Antriebe (im Bereich der Pkw) oder Wasserstoff-brennstoffzellenbasierte Systeme (etwa im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge) in ihrem Einsatz eingeschränkt sind, zum Beispiel im Flugverkehr.
Im Jahr 2019 wurden in Österreich 79,8 Mio. Tonnen Treibhausgase emittiert. Der Verkehrssektor ist für 30 % bzw. 24,0 Mio. Tonnen dieser Emissionen verantwortlich, Tendenz steigend. Eine Trendwende einzuleiten, die Verkehrsemissionen drastisch zu reduzieren und gleichzeitig das bestehende Bedürfnis nach Mobilität zu befriedigen, ist die große Herausforderung der kommenden Jahre. Mit dem Elektroantrieb haben wir eine Technologie, die lokale Emissionsfreiheit ermöglicht, das heißt keine Treibhausgase, Stickoxide oder Schwefeloxide (SOX) bei der Fahrt verursacht. Damit ist das Elektroauto unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen, und im Technologievergleich eindeutig und in jedem Fahrzeugsegment die erste Wahl. Die Ökobilanz zeigt aber auch, dass selbst der Betrieb von Elektroautos mit 100 % Strom aus erneuerbaren Energiequellen mit indirekten Emissionen, u.a. aus der Akkuherstellung, behaftet ist. Wer dem Klima also wirklich etwas Gutes tun möchte, sollte möglichst oft öffentliche Verkehrsmittel nutzen, für kurze Wege auf das Fahrrad umsteigen bzw. zu Fuß gehen, oder auch auf den einen oder anderen Weg verzichten.